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Lago Agrio - einmal der hässlichste Ort der Welt

Schon in den 50ger Jahren des 20. Jahrhunderts versuchten mehrere Erdölfirmen, im östlichen Tiefland Ecuadors Erdöl zu finden. Alle diese Unternehmungen endeten im Deisaster, wegen der schwierigen geographischen Bedingungen, den unbarmherzigen Umweltbedingungen und manchmal auch am Widerstand der Ureinwohner.

Am 29. März 1967 war es dann aber so weit: Die Suche war erfolgreich, und mitten in einem völlig unerschlossenen Urwaldgebiet wurde die erste Fördereinrichtung in Betrieb genommen, Camps errichtet, eine provisorische Landepiste errichtet und sogar eine Mini-Raffinerie eingeflogen. Diese Anlage ist sogar bis heute in Betrieb - und wahrscheinlich die kleinste Raffinierie der Welt.

Aber erst 1972 wird eine Straßenverbindung hergestellt. Damit beginnt der rasante Zustrom von Arbeitssuchenden, Händlern und allen möglichen Glücksrittern. Das Land rundum wird planmäßig aufgeteilt und jeder bekommt 50ha - unter der Bedingung, das Land nachweislich zu bewirtschaften. Ein rasches Abholzen aller Flächen entlang der Straße ist die Folge.

In den 70ger und 80ger Jahren erwirbt sich Lago Agrio einen denkbar schlechten Ruf. Die einzige Einnahmequelle sind Tagelohn-Arbeiten und die Arbeiter der Erdölfirmen, die ihren Lohn in Alkohol und Frauen umtauschen.

Auch das äußere Erscheinungsbild ist eher abschreckend. Die Häuser sind hastig aus roh gesägten Brettern gezimmert, die Haupstraße besteht aus Schotter, der gegen die Staubentwicklung mit Rohöl getränkt wird. Die Abfälle und die häufigen Regenfälle tun ein Übriges, Lago Agrio zum "hässlichsten Ort der Welt"* zu machen.

* Ein vielgereister Regisseur, der Ecuador zu dieser Zeit bereist hat.

Bild aus dem Buch "En los ojos de mi gente" von Pablo Cuvi

Aber die Einwohner sind stolz auf ihr Lago Agrio. Die ganze Infrastruktur muss praktisch selbst geschaffen werden. Es gibt keine öffentlichen Institutionen, keinen geordneten Aufbau, am wenigsten öffentliche Gelder.

Viele Bewohner stammen aus Loja, einer Stadt im Süden, deren Umland selbst in Ecuador für dessen Armut berüchtigt ist. Offiziell wird die Stadt daher Nueva Loja getauft, ein Name, der sich nie so richtig durchsetzt.

Lago Agrio ist der Name eines Sees in der Nähe, aus dem die Stadt bis ins Jahr 2000 ihr gesamtes "Trinkwasser" bezog.

Plakat für die erste Messe in Lago Agrio, 1992

1990 ist die Stadt bereits auf etwa 20.000 Einwohner angewachsen. (So genau weiß das niemand.)

Zaghaft wird mit dem Anlegen einer Kanalisation begonnen, einige Gehsteige werden gepflastert. Das Geshäftsleben in der Stadt floriert, nicht zuletzt wegen der nahen Grenze zu Kolumbien. Ecuador ist für die Bewohner von der anderen Seite des Rio San Miguel ein Einkaufsparadies - für alle Artikel des täglichen Lebens aber auch für Materialien, die für die Coca-Gewinnung benötigt werden.

2002 sieht die wichtigste Kreuzung in Lago Agrio doch schon besser aus als auf dem obersten Bild. Die Hauptstraße ist durchgehend asphaltiert, bei der Volkszählung in diesem Jahr haben sich mehr als 30.000 Einwohner registrieren lassen.

Trotzdem ist 2002 ein schweres Jahr für Lago Agrio. Auf der anderen Seite der kolumbianischen Grenze hat die Guerilla die Macht übernommen. Viele Leute flüchten von dort, einige dehnen auch ihre "Aktivitäten" nach Lago Agrio aus. In den ersten 5 Monaten sterben mehr als 200 Menschen gewaltsam. Erst im Juni werden 160 zusätzliche Polizisten in die Stadt beordert, die für eine angespannte Ruhe sorgen.

Trotz aller Fortschritte ist Lago Agrio auch im Jahr 2000 ein Provinznest irgendwo mitten im riesigen Südamerika. Seinen Charm zu entdecken, erfordert wohl einen längeren Aufenthalt und gute Freunde vor Ort ...


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