Auch Ecuador wählt politisch links

28.11.2006

 

Rafael Correa siegt bei Präsidentenwahl - Trend in Lateinamerika ist bestätigt worden

ULRICH ACHERMANNQUITO (SN). Mit der Wahl des jungen Volkswirtschaftlers Rafael Correa zum neuen Staatspräsidenten rückt in Südamerika auch Ecuador politisch nach links.

Nach einer Teilauswertung der Stimmen liegt Correa mit 66% in Führung. Das Endergebnis wird erst heute, Dienstag, vorliegen. Laut Nachwahl-Umfragen und Hochrechnungen gewann Correa mit 56%, während sein rechtsliberaler Herausforderer Alvaro Noboa 43% der Stimmen erreicht haben dürfte.

Noch in der Wahlnacht erklärte sich Correa zum Sieger. Damit stößt Ecuador zum Kreis der südamerikanischen Staaten, die von der Linken regiert werden. Dazu gehören bereits Venezuela, Chile, Bolivien, Brasilien, Argentinien und Uruguay. Heimlicher Wahlsieger ist damit Venezuelas Linksnationalist Hugo Chavez, der Sympathien für Correa hat und ein Projekt der Integration von links regierten Ländern Südamerikas vorantreibt.

Correa kündigte an, die linksgerichteten Wirtschaftsexperten Ricardo Patino und Alberto Acosta mit den Ressorts für Wirtschaft und Energie zu betrauen. An seinem Programm, das eine tiefe politische und soziale Veränderung in Ecuador anstrebt, werde es keine Abstriche geben, sagte Correa.

Er will das gewählte Parlament entmachten und eine Verfassung gebende Versammlung einberufen. Das Öl-Exportland soll wieder Mitglied der OPEC werden und seine Gläubiger zur Refinanzierung der hohen Schulden an den Verhandlungstisch zwingen.

Correas Bündnis "Alianza pais" hatte die Parlamentswahlen boykottiert und verfügt über keinen einzigen Abgeordneten. Das heißt, dass Correa wie Chavez mit den sozialen Bewegungen und dem Druck von der Straße Politik machen will. Damit steuert Ecuador auf eine Polarisierung zu, wie sie Chavez bereits in Venezuela ausgelöst hat.

Correa ist der achte Präsident Ecuadors binnen eines Jahrzehnts. Die Republik in den Anden gilt als instabilstes Land in Südamerika und wird immer wieder von Volks- und Militärunruhen erschüttert. Korrupte Eliten aus Guayaquil an der Küste und Quito im Hochland kontrollieren die Politik. Zwei Drittel der 13 Mill. Einwohner sind arm.

Correa versprach, die Politik in den Dienst der Bevölkerungsmehrheit zu stellen und entsprechende Reformen zu verabschieden. Die "lange Nacht des Neoliberalismus ist zu Ende", sagte er. Der Milliardär Noboa lehnte es zunächst ab, seine Niederlage einzugestehen: Erst müsse das Ergebnis der Stimmauszählung abgewartet werden.

Dabei war der Erbe eines "Bananen-Imperiums" als Favorit in die Stichwahl gegangen. Ecuadors reichster Mann war nach der ersten Runde überraschend in Führung gelegen. Er hatte Correa als "Kommunisten" bezeichnet und Angst vor einem Linksruck geschürt. "Bananenmilliardär" verstreute Bargeld Zuletzt war Noboa, der auf Wahlkampfveranstaltungen Bargeld, Computer und Rollstühle verschenkte, Opfer seines eigenen Populismus geworden: Auf den Wahlkampf-Meetings konnten sich die Leute in Listen für Sozialwohnungen eintragen, die Noboa als Präsident in großer Zahl bauen lassen würde. Als Hunderte dieser Listen auf einer Müllhalde in der Stadt Manta gefunden wurden, begannen sich potenzielle Wähler von ihm abzuwenden. Es ist die dritte erfolglose Kandidatur des Milliardärs.

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SN-Archiv

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